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Lernverhalten Hund

1. Wie lernt der Hund?

a) Lernen durch Prägung
In einem bestimmten Lebensabschnitt lernt der Hund durch vererbte Anlagen, etwas das lebenslang erhalten bleibt z.B. die Unterscheidung der Geschlechter, das Erkennen der eigenen Art, sowie das Begreifen einer andern Art.

b) Versuch und Irrtum (trail-and.error)
Erfolgreiche Verhaltensweisen werden beibehalten und perfektioniert, Verhaltensweisen die mit Misserfolgen enden werden eingestellt

c) klassische Konditionierung
Die Verknüpfung zweier sachlich getrennter Vorgänge durch die zeitliche Nähe zueinander, bei Pawlow waren es die Glocken die dem Hund Futter ankündigten und bereits den Speichelfluss anregten.

d) Lernen durch Nachahmung
Vor allem Welpen und Junghunde lernen durch diese Lernform. Reagiert eine Hundemutter z.B. ängstlich auf bestimmte Geräusche, wird dieses Verhalten binnen kurzer Zeit vom Welpen übernommen. Die Kleinen wissen zwar noch nicht warum sie dieses Verhalten zeigen, aber wenn „Mami“ das tut wird es schon stimmen.

e) Lernen durch Gewöhnung
Ein sich wiederholender Reiz verliert an Bedeutung, weil er für den Hund weder positive noch negative Auswirkungen hat z.B. das Geräusch eines vorbeifahrenden Zuges auf das der Hund anfänglich ängstlich reagiert.

f) Operante oder instrumentelle Konditionierung
eine vom Hund gezeigte Handlung (z.B. sich hinsetzten) wird mit einem Wort (z.B. „sitz“) belegt. Dies wird sooft wiederholt bis der Hund die Handlung mit dem Wort (Kommando) verknüpft.
Die Übergänge zwischen den verschieden Lernformen sind fließend und nicht immer klar zu definieren.

2. Motivation und Verstärker

a) Meidemotivaton/ negative Verstärker
Das Ziel dabei ist das der Hund Dinge tut die unangenehme Folgen für ihn vermeiden
- Angsteinflößen durch anschreien, erschrecken
- Schmerzeinwirkung durch Reizstromgeräte, Leinenruck, schlagen
- Psychisch kaputt machen um später wieder aufzubauen

b) primär Motivation
der Hund zeigt eine Handlung um der Handlung willen, nicht weil sie zu einem bestimmten Ziel führt

c) Sekundär Motivation/ positive Verstärker
Der Hund zeigt eine Handlung um ein für ihn interessantes Ziel zu erreichen. Es wird über
- Futterbelohung
- Spielmotivation
- Positive Zuwendung wie Lob, Streicheln oder gemeinsame Aktivität gearbeitet. Alle drei

Motivationsmöglichkeiten sollten im Training variabel eingesetzt werden.
Uns sollte klar sein dass, Hunde nicht gehorchen , um uns Mensch zu gefallen. Wenn sie etwas tun, dann tun sie es nicht für uns, sondern für sich selbst. Sich lohnendes Verhalten wird wiederholt und sich nicht lohnendes wird irgendwann eingestellt. Wir Menschen arbeiten ja auch nur für Geld, extrem viel Spaß oder um unsere Grundbedürfnisse zu befriedigen und nicht weil wir unseren Chef einfach nur glücklich sehen wollen.

3. Bestärkung und Bestrafung

Verhalten wird durch Konsequenzen bestimmt. Konsequenzen können sein:
- positive Bestärkung- etwas Gutes beginnt
- positive Bestrafung- etwas Schlechtes beginnt
- negative Bestärkung- etwas Gutes hört auf
- negative Bestrafung- etwas Schlechtes hört auf
Hunde lernen (wie auch wir Menschen) die Wahrscheinlichkeit zu erkennen, wann die ein oder andere Konsequenz auftritt. Ein Beispiel für uns Menschen: wir werfen Geld in einen Cola- Automaten und bekommen eine Cola. Werfen wir Geld in die Mülltonne bekommen wir dafür Nichts. Wenn wir Geld in einen Spielautomaten werfen bekommen wir meist nichts, aber manchmal etwas richtig tolles. Aus diesem Grund werfen wir Geld in Cola-Automaten, kein Geld in Mülltonnen und sind manchmal regelrecht süchtig danach, Spielautomaten mit Geld zu füttern.

4. Lernen über Strafe?

Bestrafung ist ein Mittel das in der Hundeerziehung häufig überstrapaziert wird und zwar weil sie unbestritten einen scheinbar schnellen Erfolg bringt. Was wohl auf der Tatsache beruht das man annimmt das Bestrafung das Gegenteil von Belohnung bewirkt, d.h. dass sie Bestrafung einer Handlung dazu führt das die Handlung immer seltener gezeigt wird. Richtig ist jedoch: Das Gegenteil von Belohnung ist das Ausbleiben der Belohung. Wird eine Handlung nicht Bestärkt, bleibt sie allmählich aus.
Strafe wirkt oft gar nicht, weil:
a) zu späte Strafe
Ihr Hund leert während ihrer Abwesenheit den Mülleimer. Als sie nach Hause kommen strafen sie ihn.
Was lernt der Hund daraus?
Wenn Müll in der Küche liegt gibt es Ärger... „aber der Inhalt war echt lecker“

b) Strafe bei selbstbelohnenden Handlungen
Ist unsinnig da der Hund sich durch die Handlung (wie der Name schon sagt) selbst belohnt.
Beispiel:
Ihr Hund zeigt Jagdverhalten. Auf einem Spaziergang passen Sie nicht richtig auf und ihr Hund jagt einen Hasen. Als er zurückkehrt wird er von ihnen gestraft. Was hat ihr Hund daraus gelernt?
„jagen macht Spaß und wenn ich zurück zu Frauchen/ Herrchen komme gibt es Ärger... dann bleibe ich doch nächstes mal länger bei der Jagd.

c) falsch verknüpfte Strafe:
Hund jagt Katzen. Eines Tages jagt er eine Katze Richtung Schafweide mit Elektrozaun. Hund rennt in den Zaun und bekommt einen Stromschlag
Was lernt der Hund?
Schafe sind gefährliche Tiere, denen sollte man aus dem Weg gehen, vor Zäunen sollte man auch Respekt haben und Katzen sind noch schlimmer als angenommen und sollten mit allen Mitteln vertrieben werden.

Strafen ist nicht einfach. Damit eine Strafe wirkt muss diese richtig angewandt und vom Hund verstanden werden. Die Strafe muss jedes mal erfolgen wenn das Fehlverhalten auftritt und zwar SOFORT und RICHTIG dosiert. Außerdem kann Strafe beim Hund Meideverhalten auslösen und falsche Verknüpfungen können entstehen wenn sie den Hund zum Beispiel beim Ziehen an der Leine durch einen heftigen Leinenruck korrigieren wollen und im selben Augenblick geht ein Kind oder ein anderer Hund vorbei, könnte der Hund den Schmerz am Hals mit dem Kind oder dem Hund verknüpfen. Später wundert man sich warum der Hund aggressiv auf Kinder oder Hunde reagiert.
Zusätzlich kann die Ausbildung über Strafe fatale Folgen für die Hund-Mensch-Beziehung haben.
Beispiele (Sinn oder Unsinn)
- eine Ratte wird sehr schnell lernen einen Hebel zu drücken um an Futter zu gelangen
- eine Ratte wird auch schnell lernen einem Stromreiz am Käfigboden durch Hochspringen zu entgehen
eine Ratte wird allerdings nur schwer (wenn überhaupt) lernen einen Hebel zu drücken um dem Stromreiz am Käfigboden zu entgehen. Hier steht dem Lernen das biologisch sinnvollere Meideverhalten entgegen.
Am Besten ist es einfach, unerwünschte Verhaltensweisen zu ignorieren, solange sie nicht gefährlich oder selbstbelohnend sind. Dem Hund können auch durch die Körpersprache, den Einsatz der Stimme seine Grenzen aufzeigen. Außerdem kann man ihn auch z.B. eine positivere Handlung in Aussicht stellen.

5. Lernen und Stress

Ein Beispiel für uns Menschen:
Stellen Sie Sich vor sie sind bei einem Fest und werden zum Tanzen aufgefordert. Die Musik läuft und Sie sind unsicher, weil sie den Tanz nicht beherrschen. Ihr Tanzpartner zerrt sie auf die Tanzfläche und flüstert ihnen zu „das ist ein Foxtrott“. Was sagt ihnen das?? Nichts!
Sie werden zunehmend nervöser und geraten in Stress. Ihr Tanzpartner zerrt sie weiter über die Tanzfläche und sagt ihnen (nun schon deutlich ungeduldiger): „Das ist ein Foxtrott du Trottel“. Nun geraten sie total in Stress... ihr Tanzpartner ruft ihnen ungeduldig irgendwelche Schrittfolgen zu und ein paar umstehende Personen feuern sie mit den Worten „Foxtrott.. das ist ein Foxtrott“ an...! sind sie nun in der Lage diesen Tanz in der Situation zu tanzen?? NEIN? Genau! Weil sie nicht die Möglichkeit hatten diesen Tanz und die entsprechende Schrittfolge in ruhigem, stressfreiem Umfeld zu lernen.
Und genau das machen wir Menschen oft mit unseren Hunden. Wir möchten unserem Hund das Kommando „platz“ beibringen. Wir geben also das Hörzeichen (meist auch noch sehr laut und in scharfer Stimmlage) und ziehen dem Hund gleichzeitig die Vorderbeine weg. Der Hund liegt und wird gelobt. Daraufhin erwarten wir das der Hund ja nun kann was wir ihm eben gezeigt haben und verlangen das er nun „platz“ macht wenn wir „platz“ brüllen. Führt er das Kommando nicht aus heißt es: er stellt sich auf stur oder will seinen Besitzer zu ärgern und der Druck auf den Hund wird erhöht. Irgendwann wird er wohl verstanden haben dass, das Wort „platz“ bedeutet das er sich hinlegen soll. Aber ob er nun stressfrei und entspannt reagieren kann wenn wir „platz“ sagen???

6. Variable Bestärkung

Dazu ein Beispiel für uns Menschen:
Wenn sie einen neuen BMW in der Garage stehen haben und er jeden Morgen zuverlässig anspringt, werden sie also jeden morgen für das Schlüssel umdrehen zuverlässig belohnt, Wenn sie dann aber einen morgen ins Auto steigen, den Schlüssel umdrehen und hören nur ein „klick“ das Auto springt aber nicht an, dann werden sie es höchstens noch ein bis zweimal versuchen, dann aber aufgeben und den KFZ Mechaniker rufen. Haben sie aber dagegen einen alten Polo in der Garage der schön öfter mal nicht angesprungen ist (sie also für das Schlüssel umdrehen nur variabel belohnt werden), werden sie, wenn das Auto mal wieder nicht anspringt, es 20 oder 30 mal versuchen bis sie sicher sind dass, das Auto kaputt ist.

Ich danke Rahel Schröder (Tiertrainerin) für das Einverständnis zur Veröffentlichung
Pelzball 2007

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